Hast du einen Plan?

- Über "Management" in der Mensch-Hund-Beziehung

 

Ein schönes, neudeutsches Wort in der Hundeausbildung wird seit Hundenannys Fernsehzeiten gerne und oft gehört: Management! Doch was bedeutet das? Management verstehe ich als „planvolles Handeln“, „etwas organisieren“ und/oder „steuern“. Wenn ich etwas steuern kann, übernehme ich die Führung.

 

Das ist es, was wir wollen: Wir möchten unsere Hunde sicher und stressfrei in jeder und durch jede Situation führen können. In unserem Interesse und im Interesse des Hundes.

 

Heute beginnt die Stunde schon am Parkplatz. Wir sprechen kurz über die Gefahren, wenn Hunde unaufgefordert aus dem Auto springen. So schaue ich mir bei den Mensch-Hund-Teams das Ein- und Aussteigen aus dem Auto an. Mit wenige Ausnahmen springen die Hund unaufgefordert und hektisch aus dem Auto heraus, ohne auf ihre Menschen zu achten. Verheerend, denn das kann den Hund das Leben kosten, wenn er unkontrolliert aus dem Kofferaum springt und in den Straßenverkehr gerät!

Die Trainingsteilnehmer schauen verdutzt. Erst dann bemerken sie, dass das nicht "einfach so" funktionieren wird, bloss weil es heute Thema ist. Der eine schaut mich hilflos an, der nächste schimpft lautstark mit dem Hund und lässt ihn wieder zurück ins Auto springen. Alles in allem herrscht ein ziemliches Chaos!

 

Ich schaue mir zuerst an, wie die Leute bei dieser gestellten Aufgabe vorgehen und stelle fest: Keiner von ihnen hatte VOR der Übung einen Plan.

So ein Plan könnte bedeuten, dass man sich vor der Übung im Klaren darüber ist, wie man vorgehen will, welches Ziel man erreichen möchte und dann noch vielleicht den „worst case“ mit einberechnet und Plan B schon im Kopf hat.

 

Die Hunde sind nach längerem Hin und Her wieder im Auto, die ersten Zweibeiner sehen ganz schön abgekämpft und frustriert aus. Ich frage einen der Kursteilnehmer, wie denn sein Plan aussehen würde bei Versuch Nr. 2 des Ausladens seines Hundes. Und ernte einen fragenden Blick.

Ich versuche den Leuten klarzumachen, dass etwas von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist, wenn man keinen Plan hat. Also stelle ich Fragen:

 

„WAS möchtest du jetzt tun?“

„WIE soll denn dein Hund überhaupt aussteigen? WIE gehst du denn am besten vor?“

„WAS tust du wenn...?

 

Und so langsam erhellen sich die Gesichter wieder. Planvolles Handeln gibt nämlich Sicherheit!

Nachdem wir gemeinsam über den ganz konkreten Plan gesprochen haben, geht es ans erneute Aussteigen. Und siehe da, plötzlich funktioniert es viel besser!

 

Natürlich reicht es nicht, dass wir einen Plan entwickeln von dem, was wir tun werden und alles wird gut. Denn wir können davon ausgehen, dass unser Hund ebensolche Pläne schmiedet über das, was er in der nächsten Sekunde tun will und wird.

 

Jedoch verfügen wir über viele Möglichkeiten, die Pläne des Hunde zu kreuzen und ihn für unsere Pläne zu gewinnen. Manchmal machen wir den Plan unseres Hunde vorerst zunichte und bauen einen für uns sinnvollen Zwischenschritt ein. Das macht das Leben nämlich einfacher!

 

Du hast gerade keinen Plan, wovon ich spreche? Ich gebe dir ein Beispiel:

 

Die meisten Hunde, die ich kenne, haben im Gegensatz zu ihren Zweibeinern einen ganz konkreten Plan und eine deutliche Absicht im Kopf:

 

Fiffi hat genau bemerkt, wohin es heute Nachmittag geht und ist im Auto schon eine Wegbiegung vor dem Trainingsgelände erwacht, voller Vorfreude auf seine vierbeinigen Kollegen, mit denen er jetzt spielen möchte. Sicherlich ist sein Plan, schnellstmöglich mit seinen Kumpels über das Gelände flitzen  zu können. Diesen Plan wird er mit aller Macht umzusetzen versuchen. Direkt! So zielstrebig sind Hunde nun mal, sie versuchen, Dinge direkt anzusteuern, wozu denn Umwege?

Nun kreuze ich Mensch jedoch diesen Plan. Denn mein Plan ist es, dass Fiffi gesittet aus dem Auto springt, wir gemeinsam entspannt mit lockerer Leine das Trainingsgelände betreten und dass mein Hund darauf wartet, bis ICH ihm sage, dass die Zeit zum Spielen gekommen ist. Gesittet aus dem Auto aussteigen kann unter Umständen nämlich lebensrettend sein. Das weiß Fiffi aber nicht. Er ist ein "Genuß-Sofort-Typ"! Und sehr zielstrebig...

Also ist mein Plan, dass Fiffi zuerst vernünftig laufen muss, bei mir sitzen muss, bevor er dann nach erfolgtem Augenkontakt und auf mein anschließendes Okay losrennen darf. Ich bin Mensch, ich habe zwei Daumen, kann Fiffis Plan vorerst zunichte machen, indem ich ihn beispielsweise mit einer Leine absichere, damit er mir nicht davon kommt und mich in die Hilflosigkeit verbannt, dort stehen zu müssen und vielleicht sogar ergebnislos nach ihm rufen werde.

 

Hundepläne und Menschenpläne müssen nicht zwangsläufig konträr sein. Sie werden oft nur in einer uns entgegenkommenden Reihenfolge umgesetzt. Ein Motto könnte daher sein: „Hey, Hund, zuerst mein Plan, dann deiner!“ oder „Wenn du meinen Plan einhältst, dann darfst du deinen auch durchführen!“

 

Wenn ich einen Plan habe, also ein konkretes Ziel vor Augen und damit genau weiß, was ich tue, trete ich wesentlich selbstbewusster auf. Die meisten Hunde haben schnell raus, ob sie es mit einem unsicheren oder einem zielstrebigen Menschen zu tun haben.

 

Einen Hund zu führen heißt also, zu wissen was man will und nach vorne zu blicken. Wer führt, vermittelt ein deutliches Ziel.

Und wer einen Plan hat und selbstsicher auftritt, lässt auch sein Ziel nicht aus den Augen. Er blickt auch nicht zurück oder unsicher nach rechts oder links. Er kommt nicht ins Stocken. Er behält seinen Plan bei, gibt nicht nach und vor allem: Er diskutiert nicht, lamentiert nicht und wird auch aus Unsicherheit nicht lauter in seinen Anweisungen! Laut werden ist nämlich so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir unter "souverän" verstehen und oft ein Indiz der Verzweiflung!

 

Wir möchten, dass unsere Hunde sich an uns orientieren, sich führen lassen und unsere Entscheidungen akzeptieren. Seid euch also eurer selbst bewusst! Denn nur wenn ihr mit dem nötigen Selbstbewusstsein ausgestattet seid, wird sich ein Hund vertrauensvoll eurer Führung überlassen können.

Hundeschule in Siegen 0